Der Pilgerweg "Zwischen Loccum und Volkenroda"

Am Anfang des ca. 300 km langen Pilgerweges Loccum-Volkenroda stand das Buch mit dem Titel:

 „ Zwischen Loccum und Volkenroda “

von dem es schon die 2. Auflage gibt.
Jens Gundlach hat es geschrieben und er hat diesen  Weg auf den Spuren der Vorfahren für Menschen von heute ins „ Leben “ gerufen. 
Als am 6. April 2005 der Pilgerweg von der Landesbischöfin Margot Käßmann eröffnet wurde, wussten wir in Kathrinhagen als kleine Gemeinde noch nicht was und vor allem „ wer “ auf uns zukommt.
Von  unserer Pastorin, Frau Dr. Köhler, wurde ich beauftragt mich um die Pilger zu kümmern, denn uns wurde bewusst, dass ein gewisser Arbeitsaufwand damit verbunden ist den man auf mehrere Schultern verteilen muss.

Nach einem ersten Treffen mit Andreas Litzke, der von der Landeskirche als Koordinator des Weges berufen war, bekam meine neue Aufgabe hinsichtlich seines großen Engagements einen soliden Rückhalt.

Inzwischen ist das „ Haus kirchlicher Dienste“ in Hannover zuständig für den Pilgerweg. Dort arbeitet unsere ehemalige Pfarrsekretärin Susann Röwer u.a. mit dem Schwerpunkt „Pilgerweg.“

Um eine Herberge bzw. Schlafmöglichkeiten zu bieten, für Menschen die „unterwegs“ sind, bedarf es mehr als Türen aufschließen.

Der Bereitschaft, sich auf wildfremde Menschen einzulassen, gehen doch einige Fragen voraus: Was sind das eigentlich für Leute die sich auf diesen Weg machen? Ist es einfach nur ein Trend nachdem ein „ volksnaher Spaßmacher“ alias Harpe Kerkeling sich ebenfalls auf einen Pilgerweg wagte und einen Bestseller darüber schrieb? Sind es Wanderer im Glauben, auf der Suche nach Gott? Geht bei Jedem die menschliche Sehnsucht nach Erkenntnis oder Erfüllung oder sogar Heilung mit ? Welche Geschichten tragen diese Menschen mit sich , wie schwer wiegt ihre Last? Nicht nur das Gepäck auf dem Rücken was ja keine 10-12 Kilo überschreiten sollte, sondern das Innenleben jedes Einzelnen wird schrittweise auf allen Etappen bewegt und mitgenommen.
Plötzlich kamen Anrufe und Nachfragen von Menschen aus Bremen, Hamburg und natürlich auch aus der näheren Umgebung.

Schon manches mal fand sich spontan ein Pilger oder ein Pilgerpaar  bei uns ein. Es kann dann vorkommen, dass sie per Handy versuchen mich zu erreichen. Meistens klappt es auch, dass ich sie vor dem Gemeindehaus in Empfang nehmen kann. Was aber, wenn niemand zu erreichen ist? 

Hier ist dann „Gemeinde“ gefragt, denn Pilger sind auf  der Durchreise und es gibt nichts schlimmeres als abweisend empfangen zu werden.

Bei Voranmeldungen haben wir  genügend Zeit  den schönen, neuen Pilger-Raum im Gemeindehaus her zu richten. Nicht immer aber schätzen Pilger den Weg richtig ein und sie kommen dann sozusagen " auf gut Glück" hierher, obwohl sie eigentlich noch bis Hessisch Oldendorf wollten. 

Von Loccum aus beginnt der Pilgerweg auf bequemer ebener Strecke bis Stadthagen. Danach verlässt der Weg die norddeutsche Tiefebene und  überquert die Bückeberge und gerade dieses bergige Teilstück wird oft unterschätzt. 

Im Sommer 2005 bekam  ich einen Anruf von einem Pilger der vor unserer verschlossenen Kirche stand.

Ich stutzte, da es schon Abend wurde, und sicher wollte der Fremde nicht weitergehen.

Was nun?

Mein Mann fuhr zur Kirche um den Wanderer einzuladen. Schließlich konnte er nicht auf dem Friedhof übernachten. Wir waren in der Gemeinde damals noch nicht so weit uns auf die Pilger einzustellen. 

Der Tisch bei uns zu Hause war schnell gedeckt und bald saßen wir bei Brot , Käse und Wein in gemütlicher Runde und hörten den Lebens-Geschichten eines sichtlich erschöpften Mannes zu, tauschten uns aus und sprachen im wahrsten Sinne über

„ Gott und die Welt “ . 

Er hat am nächsten Tag noch den Gottesdienst besucht um dann nach Fischbeck weiter zu wandern. Mir wurde zu diesem Zeitpunkt klar, dass Begegnungen dieser Art etwas auslösen was beflügelnd und bereichernd wirkt. Schließlich war ich selbst einmal eine Reisende die von der Gastfreundschaft in der Fremde profitierte. Und ehrlich gesagt hatte ich in jungen Jahren unterwegs immer den Wunsch diese selbstlose Gastfreundschaft eines Tages zurückzuschenken. Ich denke das darf ich hier einmal sagen.

Man geht auf „ Tuchfühlung “ mit unbekannten Menschen. Ob sie reden möchten oder einfach nur schlafen und sich ausruhen wollen, stellt sich schnell heraus. 

Nachfragen und vielleicht  noch ein paar Tips geben, wo es z.b.auch Sonntags frische Brötchen gibt oder vielleicht eine Wander- Alternative zum vorgegebenem Pilger-Weg, dürfte uns als „Einheimische“ ja nicht schwer fallen. Viele sind dankbar für interessante Hinweise und ein Gefühl des  Willkommen Seins in unserer und anderen Gemeinden. Es gibt z.b. wundervolle Wege abseits des Pilgerweges und alle führen doch zum Ziel.

Die Idee  Flyer für die jeweiligen Regionen und Etappen zu gestalten, halte ich deswegen für sinnvoll.

Entscheidend aber ist, dass wir Türen und auch Herzen offen halten und miteinander ins Gespräch kommen.

Ein Pilgerpaar klopfte in diesem Jahr bei Familie Hoberg an. Irgendwer aus dem Dorf hatte die Beiden weitergeleitet, wahrscheinlich mit der Idee, dass die Kirchenvorsteherin Frau Gertraud Hoberg irgendwie zuständig sein könnte oder zumindest Bescheid wüsste. Es entstand eine herzliche Verbundenheit zwischen spontanen Gastgebern und Gästen während dieser kleinen Form des  „Abends der Begegnung“, wie er z.b. an Kirchentagen zu Beginn gefeiert wird. Post von „ Unterwegs “ wurde geschickt und Einladungen ausgesprochen.

Ich staunte nicht schlecht als eine Familie mit 4 Kindern, das Jüngste im Krabbelalter, telefonisch nach Übernachtungsmöglichkeiten fragte. Sicher, uns steht auch noch ein zweiter Raum, der zur Zeit nicht genutzt wird, zur Verfügung. Sogar an doppelten Luftmatratzen fehlt es uns nicht. Dankbar und herzlich wurde unser Quartier gebucht. Die Familie hatte vor die ganze Strecke zu laufen und alles war durchgeplant.

Manche Übernachtungsanfrage allerdings hatten sie aus Kostengründen abgelehnt. Zu teuer als Familie mit 6 Personen.  

Besonders bewundernswert finde ich einige Frauen, Pilgerinnen die sich allein oder mit Hund auf den Weg machen , gut gerüstet mit Wanderstab und Pfefferspray. 

Eine Frau sagte neulich: Was soll mir schon passieren? Ich habe ein Handy, bin gut zu Fuß und wenn ich singe oder bete vergeht die Angst. 

Der Marathonläufer Wim Luijpers sagt es so: „Was nicht zum Einsatz kommt verkümmert mit der Zeit! “

Vielleicht könnten wir in diesem Sinne nicht nur „das Gehen“ begreifen sondern auch das Ankommen und die Gastfreundschaft.

Ansprechpartner für den Pilgerweg ist auch
Frau Gertraud Hoberg, Tel. 05753 / 1356

 Stefanie Schulte-Rolfes

Mehr Informationen über den Pilgerweg hier